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Anastasia Michailova

Warum bedroht der Klimawandel die Eisbären in der Arktis?

Der Klimawandel gefährdet den Lebensraum der Eisbären. Wenn das Meereis schmilzt, können die Tiere nicht mehr jagen und drohen zu verhungern. Warum ist das so? Dieser Beitrag klärt alle wichtigen Fragen und räumt mit einem Mythos auf.


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Warum bedroht der Klimawandel die Eisbären?

Faktencheck: Nimmt die Zahl der Eisbären trotz Klimawandel zu?

 

Der Eisbär teilt sich gemeinsam mit dem Kodiakbären aus Alaska den Titel des größten Landraubtiers der Erde. Von Kopf bis Schwanz werden Eisbären fast 3 Meter lang und Männchen bringen bis zu 1 Tonne auf die Waage. Im Jahr 2020 gab es schätzungsweise nur noch etwa 22.00 bis 31.000 Tiere in freier Wildbahn, die sich auf 19 separate Teilpopulationen im Norden von Russland, Alaska, Kanada, Grönland und Norwegen verteilen. Es wird davon ausgegangen, dass ihre Zahl in den nächsten Jahren weiter sinken wird. (vgl. Helmholtz Klima Initiative)



In der Vergangenheit wurde behauptet, dass die Zahl der Eisbären von etwa 5.000 Tieren in den 1950er und 1960er Jahren auf nunmehr rund 25.000 gestiegen sei. Doch mittlerweile wurde die Vermutung, dass es damals lediglich 5.000 Eisbären auf der Welt gegeben hätte, in der Fachwelt revidiert und als viel zu niedrig eingestuft. Allerdings gab es sehr wahrscheinlich einen leichten Anstieg der Eisbärenpopulation in den 1960er und 1970er Jahren, da die Jagd auf die Tiere in dieser Zeit stark eingeschränkt wurde. Doch die Erholung der Population kam Ende der 1990er ins Stocken, als der Klimawandel auch in der Arktis spürbar wurde. Die Prognosen für die weißen Riesen des Nordpols sind derzeit nicht sehr positiv. (vgl. Global Change Biology)



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„Wenn das Klima sich wie prognostiziert erwärmt und das Meereis schwindet, werden Eisbären bis zur Mitte des Jahrhunderts aus den südlichen Teilen ihres Lebensraumes weitgehend verschwinden. Mag sein, dass sie im hohen Norden auf den kanadischen Arktis-Inseln und im nördlichen Grönland für die absehbare Zukunft überleben; aber langfristig ist ihr Bestand, mit einer stark reduzierten Weltpopulation in einem Rest ihres einstigen Siedlungsgebiets, unsicher.“ – Ian Stirling & Andrew Derocher, University of Alberta, Kanada.

 

Mit dem Klimawandel schmilzt die Lebensgrundlage der Eisbären.

 

Eisbären sind hochspezialisierte Jäger und wie kaum ein anderes Tier auf das Meereis in der Arktis angewiesen. Denn obwohl die Raubtiere hervorragende Schwimmer sind, können Eisbären nur ausreichend Beute machen, wenn das Meer gefroren ist. Normalerweise sind die arktischen Gewässer im Winter und Frühjahr großflächig mit Packeis bedeckt. In dieser Zeit können Eisbären die auf dem Eis ruhenden Robben erlegen, die für sie im Wasser ansonsten unerreichbar sind. Eisbären können zwar auch an Land Nahrung finden, allerdings sind sie maßgeblich auf die Robbenjagd angewiesen, um zu überleben.



Doch in den letzten Jahrzehnten friert das Meer in der Arktis immer weniger zu. Die eisfreien Phasen werden immer länger, und damit auch die Hungerzeiten der Eisbären. Das sorgt dafür, dass die Raubtiere immer weitere Strecken zurücklegen bzw. schwimmen müssen, um gute Jagdgründe zu finden. Dadurch sind sie immer häufiger unterernährt und pflanzen sich seltener fort. Da der Eisbär an der Spitze der Nahrungskette in der Arktis steht, ist ihre Population ein guter Indikator für die „Gesundheit“ der Polarregionen.


 

Einige Forscher gehen davon aus, dass bis 2050 bis zu 67 Prozent weniger Eisbärjunge zur Welt kommen werden. Außerdem könnten etwa ein Viertel aller männlichen Eisbären verhungern, wenn das arktische Meer 180 Tage im Jahr eisfrei bleibt. Bereits 2015 mussten Eisbären etwa 130 Tage an Land oder im freien Wasser verbringen. (vgl. Nature)



„Zwar konnten manche Tiere Nahrung finden. Doch verbrauchten sie für die Futtersuche im Endeffekt mehr Energie, als sie über die Nahrungsaufnahme wieder zurückgewinnen konnten. […] Wir gehen davon aus, dass somit zukünftig mehr Tiere verhungern werden, insbesondere jüngere Eisbären und Weibchen mit Jungtieren.“ – Anthony Pagano, Alaska Science Center

 

Könnten sich die Eisbären nicht einfach an den Klimawandel anpassen?

 

Die prekäre Situation sorgt dafür, dass Eisbären auf der Suche nach Nahrung immer tiefer ins Inland vordringen. Dort suchen sie nach Aas oder zerstören die Brutkolonien von Möwen, Enten und Gänsen. Sie versuchen Rentiere zu erbeuten, was für die nicht an Jagdsprints angepassten Eisbären jedoch aussichtslos ist. Außerdem plündern die gefährlichen Raubtiere zunehmend Müllhalden und menschliche Siedlungen, was das Konfliktpotenzial zwischen Mensch und Tier weiter erhöht. Manche werfen die Frage auf, ob sich die Eisbären nicht einfach an die neuen Lebensumstände an Land anpassen könnten. Genetische Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Anpassung an das Leben in der Arktis allein 600.000 Jahre gedauert hat. Diese Zeit haben die Eisbären angesichts der rasanten Geschwindigkeit des Klimawandels nicht. (vgl. Science)



Schmelzendes Eis zerschneidet die Pfoten der Eisbären.

 

Bei der Untersuchung der Gesundheit verschiedener Eisbären fiel Forschern auf, dass das schmelzende Eis eine weitere, bisher unbekannte Bedrohung für die Tiere darstellt. Das Eis bildet Klumpen an den Pfoten der Eisbären, was zu Risswunden, Haarausfall und Hautgeschwüren führt, die für die Tiere außerordentlich schmerzhaft sind und auch ihre Fähigkeit auf Nahrungssuche zu gehen einschränken. Manche Eisbären hatten tiefe blutende Schnittwunden an ihren Pfoten, was das Laufen praktisch unmöglich machte. (vgl. Ecology)

 

„Neben den erwarteten Folgen des Klimawandels wird es noch andere, unerwartete Auswirkungen für Eisbären geben. So seltsam es klingt, mit der Klimaerwärmung gibt es häufigere Frost-Tau-Zyklen mit mehr nassem Schnee, und das führt zu Eisbildung an ihren Pfoten. […] So etwas habe ich noch nie gesehen. Die Eisklumpen hatten sich nicht nur im Fell verfangen. Sie waren mit der Haut versiegelt, und wenn man die Pfoten abtastete, konnte man sehen, dass die Bären Schmerzen hatten.“ – Kristin Laidre, University of Washington.


Die Erschließung der Arktis wird zum Problem für Eisbären.

 

Nicht nur der Hunger ist eine Bedrohung. Schiffsverkehr und zunehmender Tourismus bringen Unruhe in die Lebensräume der Eisbären. Auch die Erdöl- und Erdgasindustrie dringt immer weiter in die Arktis vor. Über Beutetiere nehmen Eisbären obendrein Umweltgifte und Schadstoffe auf, die ihr Immunsystem und ihre Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Außerdem fallen schätzungsweise jedes Jahr bis zu 800 Eisbären der Jagd zum Opfer. (vgl. Tagesschau)


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