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Bäume gegen Klimawandel: Was bringt Aufforstung wirklich?

Anastasia Michailova

Immer mehr Wälder werden gerodet. Dabei speichern Bäume CO₂ und können helfen dem Klimawandel entgegenzuwirken. Wie groß wäre der positive Effekt von Wiederaufforstung auf das Klima? Eine Frage, die nicht leicht zu beantworten ist.


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Bäume gegen den Klimawandel

Klimawandel: Wälder speichern Kohlendioxid

 

Im Rahmen der Fotosynthese speichern Bäume Kohlendioxid bzw. Kohlenstoff (korrektere Formulierung). Sie ziehen das Treibhausgas, das zu einem großen Teil für den Klimawandel verantwortlich ist, aus der Atmosphäre. Das funktioniert so: Ein Baum bindet Kohlenstoff (C) aus dem Kohlendioxid (CO₂) der Umgebungsluft und lagert diesen in Form von Kohlenhydraten in Holz und Blättern ein. Mit anderen Worten: Der Baum wächst. Dabei entsteht außerdem Sauerstoff (O₂) als Nebenprodukt, das für uns überlebensnotwendig ist.



Wissenswert: Wälder, aber auch Moore und Ozeane, werden aufgrund ihrer großen CO₂-Speicherkapazitäten als „natürliche Kohlenstoffsenken“ bezeichnet.

 

Wie viel CO₂ ein Baum dadurch speichert, hängt von mehreren Faktoren ab, darunter der Baumart und der Wachstumsgeschwindigkeit. Eine israelische Studie kam zu dem Schluss, dass ein Baum pro Jahr im Durchschnitt 15,7 Kilogramm CO₂ speichert. Das würde bedeuten, dass 1.000 Quadratmeter Wald (ca. 35 Bäume) in einem Jahr rund 550 Kilogramm Kohlendioxid binden.


Doch es geht noch besser! Hier erfährst du, welche Baumarten am meisten CO₂ aufnehmen können: „Wie viel CO₂ speichert ein Baum? Ein Überblick“


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Wälder sind natürliche Kohlenstoffsenken.

Waldverlust treibt den Klimawandel weiter an – und andersherum.

 

Seit Menschen sesshaft geworden sind, ringen sie der Natur Ackerland und andere Nutzflächen ab – vor allem durch Entwaldung. Drei Viertel der eisfreien Landfläche werden vom Menschen in irgendeiner Weise genutzt, so das Ergebnis eines internationalen Forscherteams. Eine Studie der Yale University erklärt, dass seit Beginn der menschlichen Zivilisation bereits die Hälfte des gesamten Waldes auf diesem Planeten verschwunden ist und jedes Jahr mehr als 15 Milliarden Bäume gefällt werden. Mit jedem gefällten Baum geht ein Teil der CO₂-Speicherkapazität der Natur verloren. Mehr noch: Abholzung produziert obendrein noch Treibhausgase.



Eine Studie des „Woodwell Climate Research Centers“ kam zu dem Schluss, dass etwa ein Drittel aller CO₂-Emissionen der vergangenen 150 Jahre auf Entwaldung zurückzuführen ist. Um Ackerland zu gewinnen, werden Wälder häufig in Brand gesetzt. Waldbrände erzeugen große Mengen Kohlendioxid, da dieses durch unter anderem durch Verbrennungsprozesse entsteht. Aber auch maschinelle Abholzung, Holzverarbeitung und Transport produzieren Emissionen.

 

Doch der Klimawandel selbst sorgt auch dafür, dass immer mehr Wälder verlorengehen: Waldbrände durch Hitzewellen, Stürme und Schädlingsbefall setzen den Wäldern dieser Erde zu – ein Teufelskreis entsteht.


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Der Klimawandel sorgt für mehr Extremwetter.

 

Kann Aufforstung das Klima retten?

 

Um die CO₂-Speicherkapazitäten der Natur zu verbessern, ist es naheliegend freie Flächen aufzuforsten und neue Bäume zu pflanzen. Da jeder einzelne Baum Kohlendioxid aufnimmt, leistet er einen praktischen Beitrag zum Klimaschutz. Allerdings ist bisher unklar, wie groß der Beitrag von Wiederaufforstung für das Klima wirklich wäre. Eine britische Studie kalkulierte, dass trotz zusätzlichen Wäldern bei weiter steigendem Verbrauch fossiler Brennstoffe nur etwa fünf Prozent des menschengemachten CO₂-Anstiegs ausgeglichen werden könnten. Jedoch ist die Realität wahrscheinlich sehr viel komplizierter.

 

Ein deutsches Forscherteam erstellte eine komplexe Computersimulation, um dem tatsächlichen Speicherpotenzial von zusätzlichen Wäldern in einer Zeit der Erderwärmung nahezukommen. Dafür berücksichtigten die Wissenschaftler Faktoren wie:


  • Abnahme der Nutzung fossiler Brennstoffe durch die Energiewende

  • Wärmeres, CO₂-reiches Klima

  • Verlängerte Wachstumsperiode in hohen Breiten

  • Begünstigtes Pflanzenwachstum durch höhere CO₂-Konzentrationen in der Atmosphäre



Das Ergebnis: Simulationen mit Aufforstungsszenarien zeigten eine leichte Abnahme (ca. 10 Prozent / 85 ppm) der CO₂-Konzentration in der Atmosphäre zum Ende des Jahrhunderts im Vergleich zu Szenarien ohne zusätzliche Wälder. Aufforstung kann laut diesen Forschungsergebnissen also tatsächlich einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zum Klimaschutz leisten. Das reale Potenzial möglichst genau zu berechnen, ist jedoch sehr schwierig.

 

Welche Risiken hat Aufforstung? | 4 Probleme

 

Aufforstung klingt erst einmal grundsätzlich positiv: mehr Bäume, die CO₂ speichern und gleichzeitig mehr Lebensraum für zum Teil bedrohte Tierarten bieten. Allerdings kann Aufforstung auch zu Problemen führen, wenn bestimmte Aspekte nicht beachtet werden:

 

1. Eingriff in intakte Ökosysteme

 

Ursprünglich nicht bewaldete Ökosysteme wie Graslandschaften, Savannen und Buschland könnten bei Aufforstung schnell aus dem Gleichgewicht geraten, da die entsprechende Flora und auch Fauna perfekt auf ihren ursprünglichen Lebensraum angepasst ist. Hier würden zusätzliche Wälder mehr schaden als nützen.


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Savannen sollten nicht aufgeforstet werden.

2. Nicht-heimische Baumarten und Monokulturen

 

Außerdem birgt eine Aufforstung mit nicht-heimischen Baumarten und reinen Monokulturen zusätzliche Risiken. Monokulturen sind anfällig für Krankheiten und Schädlinge. Nicht-heimische Pflanzenarten können ursprüngliche Vegetation verdrängen bzw. Ökosysteme negativ beeinflussen.

 

3. Gefährdung menschlicher Gemeinschaften

 

Aufforstung könnte auch zu sozialen Spannungen und erheblichen Problemen in menschlichen Gemeinschaften führen – insbesondere dort, wo Menschen gravierend auf landwirtschaftliche Flächen angewiesen sind.

 

4. Komplexe Rückwirkungen auf das Klima

 

Wälder können auch „Rückwirkungen“ auf das Klima haben. Aufforstung dient in erster Linie dazu, CO₂ aus der Atmosphäre zu ziehen und möglichst langfristig zu speichern, um der Erderwärmung entgegenzuwirken. Allerdings ist der Einfluss von Bäumen auf das Klima sehr komplex. Durch Verrottungsprozesse geben Wälder auch Treibhausgase (u. a. Kohlendioxid und Methan) wieder an die Atmosphäre ab.


Außerdem können Wälder in manchen Fällen keine abkühlende, sondern eine erwärmende Wirkung auf ihre Umgebung haben. Das liegt zum Beispiel daran, dass Wälder dunkler sind als etwa Grasflächen und damit mehr Sonneneinstrahlung absorbieren (Rückstrahlungsvermögen). Dadurch erwärmt sich die Umgebungsluft. Allerdings kann eine höhere Verdunstung durch Waldflächen auch zu einem verstärkten Abkühlungseffekt führen – dieser Effekt ist in den Tropen stärker als in hohen Breiten. Für die Stadt-Architektur der Zukunft ist dieser Abkühlungseffekt durch Grünflächen sehr wichtig. (vgl. 6. IPCC Report)



 

Fazit: Was bringt Aufforstung gegen den Klimawandel?

 

Aufforstung hat das Potenzial einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zum weltweiten Klimaschutz zu leisten. Außerdem können Wälder bzw. Grünflächen dabei helfen, Lebensräume für gefährdete Tierarten zu schaffen und auch das Leben für uns Menschen lebenswerter zu machen.

 

Allerdings muss Aufforstung im Einklang mit den natürlichen Ökosystemen erfolgen. Sinnvoll wäre nur eine Wiederaufforstung von ehemals bewaldeten Flächen, nicht etwa ein intensives Bäumepflanzen in Savannen oder Graslandschaften. Außerdem ist es ratsam für Aufforstung nur heimische Baumarten zu verwenden, die wiederum nicht als Monokulturen angepflanzt werden sollten. Das stellt sicher, dass die neuen (alten) Wälder gesund sind und damit möglichst viel CO₂ speichern, sowie einen wertvollen Lebensraum bieten. Obendrein müssen menschliche Gemeinschaften berücksichtigt werden, sodass zum Beispiel überlebensnotwendige Landwirtschaftsflächen nicht verloren gehen, um soziale Spannungen zu verhindern.

 

Trotz der realen Wirkung von Wäldern auf das Klima, bleibt Aufforstung ein begrenztes Klimaschutz-Mittel. Allein mit Bäumen wird der menschengemachte Klimawandel nicht aufzuhalten sein, sodass weitere Maßnahmen zur CO₂-Reduktion und auch zur Einsparung anderer Treibhausgase dringend erforderlich sind.


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